© Pixabay - Bild von kalhh
Sehr verletzt durch Vergebungsforderungen an die Opfer sexualisierter Gewalt habe ich mich zu folgendem Text entschlossen. Eingeflossen sind Gedanken von dieser Homepage (Opfermythen), Impulse aus einem Gespräch mit einer Theologin, einer Fortbildung und dem Buch von Hannah Arendt ” Über das Böse- Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik”. Annette
Es ist praktisch unmöglich, sich mit dem Thema sexualisierte Gewalt im kirchlichen Raum zu bewegen,
ohne dass irgendein guter Christ wohlwollend zur Vergebung aufruft.
Natürlich die Opfer eben dieser Gewalt, wen sonst.
Da fliehe ich entsetzt aus dem Raum oder tief in mich hinein,
aber das Wort findet seinen Weg in mein Gehirn.
Und dort fängt eine Stimme an zu flüstern.
Kein Wunder, flüstert sie, dass du keine Ruhe findest,
dass dich Erinnerungsfilme ins Chaos stürzen, du dir nachts die Albträume einfängst
– es liegt an dir, du kannst nicht vergeben.
Die alten Muster sitzen tief.
Aber was will denn jemand erreichen, der die Opfer zur Vergebung auffordert,
statt die Täter zu Schuldbekenntnis und Buße?
Auch solche Gebete wären ja möglich.
Er beruhigt sein Gewissen.
Vielleicht müsste er ja sonst etwas tun,
dort wo Menschen zum Opfer werden.
Ganz konkret mit dazu beitragen,
dass die Opfer geschützt und die Täter zur Verantwortung gezogen werden.
Aber dann wird für alle sichtbar, was geschehen ist.
Und was bedeutet das für den Ruf unserer Kirche?
Also ist es sehr viel klüger, die Opfer zum Schweigen zu bringen,
ihnen eine Aufgabe zu geben, die sie beschäftigt
und die sie vermutlich nie lösen werden.
Mich erinnert diese Vergebungsforderung an die Märchen,
wo derjenige, der eine tödliche Gefahr vom Königreich abwendet,
die Hand der Prinzessin versprochen bekommt.
Dann siegt er tatsächlich, kommt lebend zurück, überlebt,
und der alte König hat eine neue lebensgefährliche Aufgabe für unseren Helden.
Danach bekommt er dann sicher die Prinzessin.
So sind alle beschäftigt,
die Opfer müssen im Kampf gegen das Böse überleben.
Die Täter bleiben unsichtbar im Dunkel
und die guten Menschen können in Frieden schlafen,
zum Abendmahl gehen und während der Predigt überlegen,
was es zum Mittagessen geben wird.
Hat nicht Jesus selbst am Kreuz vergeben?
Nun, genau das hat er nicht.
Vater vergib ihnen, hat er gesagt, denn sie wissen nicht was sie tun.
Das steht in meiner Bibel.